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  • AutorenbildMikota

Die Schwitzhütte, ein Ort der Reinigung


Vor einigen Wochen habe ich sehr viele Fotos unserer neu errichteten Schwitzhütte gepostet. Die meisten Menschen kennen diese ja eher von den Ureinwohnern Nordamerikas, doch viele Kulturen hatten früher Schwitzhütten, auch wenn sie anders benannt wurden. Sogar die Kelten und Germanen hatten welche, ein Überbleibsel davon ist die heutige finnische Sauna.


Früher wurde die finnische Sauna ja eher zeremoniell verwendet, heute dienen sie oft nur mehr als Belustigung, was ich bei Saunagänge oft sehr schade finde. Viele Indianer sagen, dass die Schwitzhütte für sie so etwas ist, wie für unsere Kultur die Kirche. Das heißt es wurde gebetet, gesungen und sich von Altlasten befreit.


Das Schwitzhaus


Zuerst möchte ich euch einen allgemeinen Einblick zur Kultur der Schwitzhütte vermitteln. Christian Rätsch schreibt in seinem Buch "Räucherstoffe - der Atem des Drachen", sehr interessantes.


Zitat: In der Kaukasus Gegend gibt es prähistorische Funde von Schwitzhütten aus der Eiszeit. Sie bestanden aus den Rippenknochen der Mammuts. Die Skythen indogermanischer Reitervölker, die zwischen Osteuropa und Ostasien die Steppen durchstreiften, hatten Schwitzhütten,- und zeremonien, die an indianische Formen erinnern.

Schwitzhütten waren also fast weltweit verbreitet, trotzdem nutzen wir sie sehr wenig. Ver-mutlich auch, weil wir nicht mehr genau wissen, wie sie früher angewendet und durchgeführt wurden. Ich hatte das Glück, einige Jahre Schülerin eines heiligen Mannes der Lakota - Archie Fire Lame Deer, sein zu dürfen, der uns Menschen die Lehren der Schwitzhütten wieder nach Europa gebracht hat. Großvater Archie hat in einer Vision gesehen, dieses Ritual wieder zu uns zurückzubringen. Natürlich lernten wir die traditionelle Lakota Schwitzhütte, doch Archie war es wichtig, dass wenn wir sie ausüben, unser ganz eigenes Ritual daraus entsteht und nicht, dass wir ein Volk kopieren. Mein Mann Mike und ich besuchen ja schon viele Jahre bei unterschiedlichen Kreisen Schwitzhütten, doch jetzt ist es an der Zeit geworden, selber so einen heiligen Kreis aufzubauen. Er hat den schönen Namen "Beaver Creek" bekommen, weil wir uns um ein großes Biber Revier kümmern und es vor der Zerstörung bewahren.


Das Abstecken des Platzes und vorbohren der Löcher für die Stangen


Der Bau


Beim Bau einer Schwitzhütte ist diese heute wohl eher auf indianische Verhältnisse ausgerichtet, weil es nicht wirklich Überlieferungen gibt, wie man diese in unserer Kultur gebaut hat. Es gibt einige wenige Schriften, wo man davon ausgeht, dass in der keltisch/germanischen Tradition, die Hütten ebenso aus Stäben von Bäumen gebaut wurden. Vermutlich hat man diese aber nicht mit Decken zugedeckt, sondern mit Lehm verputzt.


An einem kraftvollen Ort sollte die Schwitzhütte gebaut werden und wenn möglich, in der Nähe eines Baches. Es sollte auf jeden Fall auch ein ruhiger Platz sein. 4 Wimpeln in den Farben der 4 Himmelrichtungen, stecken diesen Platz ab. Weiß für den Norden, gelb für den Osten, rot für den Süden und schwarz für den Westen. Bevor man das Holz für das Gerüst schneidet, sollte man Tabak als Opfergabe und Dankeschön spenden.


Bei den Ureinwohnern Nordamerikas wird traditionell die Hütte (auf Lakota "Initi") mit Weide gebaut. Bei uns in Europa hat es sich eingebürgert, auch Haselnuss zu verwenden. Für Heilungs-schwitzhütten wurden 16 Weidenstäbe verwendet und für Familienhütten waren es 12. Unsere fällt völlig aus dem Rahmen, wir wollten 13 haben. Für jeden Mond im Jahreskreis 1 Stab. Dieses soll in Zukunft auch den Jahreskreis symbolisieren, der aus 13 Monden besteht.


Normalerweise spielt auch die Himmelsrichtung des Erbauens eine Rolle, das heißt der Eingang sollte nach Westen ausgerichtet sein, doch manchmal erfordern die Gegebenheiten anderes, was auch Archie Fire Lame Deer manchmal sagte. Dort wo die Stäbe platziert werden sollen, bohrt man vorher Löcher, damit man diese leichter in die Erde bekommt.

Die Stangen stehen in den vorgebohrten Löchern und werden jetzt zu einer Kuppel gebogen


Zuerst führt man die Holzstangen der Himmelrichtungen zusammen (immer die gegenüberliegenden Stäbe zusammenbiegen), anschließend die restlichen. Diese werden mit Naturschnüren oder Stoffen der 4 Farben zusammen gebunden.

Die Holzstangen werden gebogen


Danach werden auch noch horizontal Stangen befestigt. Der erste etwa in Kniehöhe, der zweite in Hüft/Taillenhöhe und der dritte in Schulterhöhe und ebenfalls mit Fäden verbunden. Der 4 Stab ist normalerweise ein auswechselbarer, weil man üblicherweise kleine Gebetsbeutelchen daran befestigt, die vor dem Schwitzritual im inneren der Hütte befestigt werden. Beim Eingang wird extra noch ein kurzer dünner Ast zurecht gebogen, damit man diesen gut sehen kann. Diesen Teil kann man aber in unserer Tradition auch weglassen.


Im Inneren der Hütte wird jetzt ein Loch im Umfang von ungefähr 60 cm Durchmesser und Tiefe ausgehoben. Die Erde dafür dient dem Altar, der rechts neben dem Eingang aufgebaut wird. Auf der Hinterseite des Altars werden noch Astgabeln aufgestellt, die man mit Adlerfedern oder ähnlichem schmücken kann. Das Gleiche gilt für den Altar, wo Kraftgegenstände positioniert werden. Edelsteine, Fetische, Felle oder auch ein Redestab, alles was für dich kraftvoll erscheint.


Das fertige Gerüst mit der Feuerstelle im Inneren


Erst ganz zum Schluss kommen die Decken auf die Schwitzhütte. Hier beginnt man von unten und schichtet die Decken und Teppiche immer mehr nach oben. Wenn man unter Tags die Schwitzhütte betritt, sollte kein bisschen Licht in die Hütte eindringen, so dicht sollte man das Schwitzhaus abdecken. Es sollte da drin völlige Dunkelheit herrschen, wie im inneren von Mutter Erde.


Das heilige Feuer


Die Feuerstelle wo die Steine erhitzt werden, sollten nach Tradition der nordamerikanischen Ureinwohner 6 Schritte von der Schwitzhütte entfernt liegen. Die Feuerstelle symbolisiert die Sonne und die Schwitzhütte selbst - Mutter Erde. Es ist gut, wenn man die Stelle rund um das Feuer mit Steinen kennzeichnet. Unsere Feuerstelle hat ungefähr 2 Meter Durchmesser. Wir legen auch einen Weg zwischen dem Feuer und der Hütte. Bei den Ureinwohnern wird dieser Weg als "Unci" bezeichnet.



Normalerweise werden die Holzscheiter zuerst in einem Quadrat gelegt und die restlichen quer geschlichtet, sodass man gut die Steine darauf legen kann, ohne das sie hinunterfallen. Wie viele Steine man verwendet, ist dem Feuermann/frau vorbehalten. Die meisten Indianer verwenden bei Reinigungszeremonien 32 und bei Heilritualen 64 Steine. Wir haben uns für 36 entschieden, weil wir unsere Schwitzhütte auch Medizinrad Schwitzhütte nennen. Was es mit dem Medizinrad auf sich hat, erfährst du hier: Medizinrad


Die Steine


Ein ganz wichtiger Aspekt sind die Steine, denn nicht alle eignen sich. Da sind schon einige Unfälle mit zersprungenen Steinen passiert, die richtig explodieren, wenn man die falsche Auswahl trifft. Wenn sie von selbst auseinander fallen wie bei Granit ist das kein Problem, auch Sandstein und Vulkansteine sind gut geeignet. Doch wenn es sich um Kalkstein oder Schiefer handelt, tut man sich nichts gutes.


39 Steine haben wir hingelegt, 36 wurden erwählt


Bevor wir die Steine ins Feuer legen, ehren wir sie, indem wir eine Prise Tabak darüberstreuen und eine schöne Eigenschaft in den Stein legen, wie: Freundschaft, Menschlichkeit, Respekt usw...... Erst dann wird der Stein auf den Holzstoß gelegt wird. Schließlich sterben die Großväter und Mütter Steine für uns in der Schwitzhütte. Wenn alle Steine dort liegen, wird das Feuer entzündet. Es dauert etwa 2 Stunden, bis die Steine soweit sind.


Die Zeremonie


Ich werde immer wieder mal gefragt, wie oder womit man die Schwitzhütte betritt. Grundsätzlich heißt es, wir kommen nackt auf die Welt und werden diese auch wieder nackt verlassen. Doch jeder Mensch trägt für sich selbst Verantwortung, deswegen überlassen wir es jeder einzelnen Person ob nackt oder bekleidet. Die meisten Frauen gehen mit einem leichten Tuch umwickelt in die Schwitzhütte und die Herren mit einem Handtuch oder Badehose.


Bevor man in das Schwitzhaus geht, dreht man eine Runde um den Uhrzeigersinn und bleibt bei den oben beschriebenen Farben der Wimpel (die den Platz kennzeichnen) kurz stehen um ein Gebet zu sprechen und um Unterstützung zu erbeten. Erst dann geht man in das Innere der Hütte. Auch dort bewegt man sich im Uhrzeigersinn. Der/die Letzte die in die Hütte geht, ist der Assistent des Leiters. Deren Aufgabe ist es, das Wasser zu segnen oder auch dem Feuermann/frau beim Hereinbringen der Steine mit der Heugabel zu unterstützen. Haben alle Teilnehmenden die Schwitzhütte betreten, bringt der Feuermann/frau die ersten Steine herein.


Bei Schwitzhütten spricht man von 4 Türen. Damit ist gemeint, dass es 4 Durchgänge gibt, wo immer wieder neue heiße Steine und frisches Wasser zum Aufgießen herein gebracht werden. Wenn das Wasser durch die Türe kommt, haben wir uns angewöhnt zu sagen:

"Mit Wasser alles,

ohne Wasser nichts".

Meist werden zuerst auf die einzelnen Steine Kräuter gelegt um Ängste und negative Energien zu neutralisieren und wenn die Decke beim Eingang geschlossen wird, dann kommt auch Wasser auf die Steine. Der Dampf der dabei entsteht, wird als der Atem der Schöpfung beschrieben.


Die 4 Türen


Bei einer Reinigungsschwitzhütte gibt es 4 Türen, also Durchgänge, bei Heilzeremonien sind es 4 x 4. Ich beschreibe hier ausschließlich die Reinigungszeremonie. Jeder Durchgang steht für ein ganz bestimmtes Thema, dass jedoch jeder Ritualleiter für sich individuell gestalten kann - das kann sich nach den Themen der TeilnehmerInnen richten.

  1. Tür - Körper und Gesundheit

  2. Tür - Verstand und Denken

  3. Tür - Gefühlswelt

  4. Tür - Die Welt der Spirits

Zwischen den Gebeten wird gesungen und Wasser aufgegossen. Ist eine Tür beendet, sagen alle entweder "Mitakuye Oyasin" oder "Mit all meinen Verwandten". Dann wird die erste Türe beendet und die Decke wird gehoben, dass kurz etwas Frischluft hinein kann. Auch wenn im inneren der Hütte eine Gebetsrunde abgehalten wird, sagt jede/r nach dem Gebet die gleichen Worte.


Ist der 4. Durchgang beendet, verlässt zuerst der Ritualleiter die Schwitzhütte. Auch hier bewegen wir uns wieder im Uhrzeigersinn. Das heißt, wenn du genau in der Mitte der Hütte Platz gefunden hast, vollendest du den Kreis und gehst im Uhrzeigersinn einfach weiter. Mit dem Eintreten hast du den Kreis begonnen und jetzt schließt sich dieser. Wenn möglich beschließt das schöne Schwitzhüttenritual ein gemeinsames Mahl.


Mike und ich nach der Zeremonie - gut erkennbar der Altar auf der rechten Seite


Lieder


Die Lakota´s und vermutlich auch andere native Völker, hatten ganz spezielle Lieder für die Schwitzhütte. Wir gestalten das bei unseren Ritualen ganz individuell. Jedem dem ein Lied einfällt kann es anstimmen und singen. Wir haben nur ein gemeinsames Lied, dass wir sehr gerne zusammen singen und zwar, wenn die heißen Steine hereingebracht werden. Damit wollen wir sie ehren.

Willkommen Großmutter,

Willkommen Großvater,

seid Willkommen!


Ich denke, dass es wichtig ist, dass wir generell wieder Rituale und Zeremonien zelebrieren und dafür dürfen wir sich und auch Rituale auch neu erfinden. Es gibt keine Dogmen, dies dient nur als Richtlinie. Ich halte es nicht für schlau, komplett ohne Erfahrungen zu sagen, okay ich mache in Zukunft Schwitzhütten, das kann auch nicht ganz ungefährlich ausgehen, doch es gibt schon sehr viele Kreise. Sieh dich dort einmal um, werde Teil dieser Gemeinschaft und lerne. Vielleicht bist du dann eines Tages soweit um zu sagen, dass du selber einen solchen Kreis aufbauen möchtest.


Vielleicht bist du neugierig geworden, dann kannst du uns gerne einmal bei einem Schwitz-hüttenritual besuchen und alles kennen lernen. Nähere Infos findest du bei den Terminen.


In diesem Sinne - Mitakuye Oyasin, eure

Tanka


Das beste Buch über Schwitzhütten - Inipi das Lied der Erde:


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